
„Wie schön ist dieser riesige Kastanienbaum“. Solche oder ähnliche Gedanken kennt Ihr bestimmt. Und schon geht man wieder weiter. Im normalen Leben betrachten oder beachten wir die Dinge um uns herum meist nur für wenige Sekunden. In einer Naturbetrachtung oder Seelenübung schenkt der sich Übende dem Objekt der Betrachtung längere Zeit seine Aufmerksamkeit.
Bei einer Naturbetrachtung betrachtet man den Baum so objektiv wie möglich: Wie gross ist er? Wie sind die Blätter geformt? Welche Farben haben sie? Wie sind die Äste verzweigt? Wie ist seine Rinde? Wo wächst er?
Man betrachtet ihn detailgetreu für ca. zwei Minuten, ohne dabei sich mit schnellen Assoziationen, Emotionen oder Urteilen abzulenken. Schliesst dann die Augen oder wendet den Blick ab und baut ihn gedanklich mit allen Details wieder auf. Gut ist, dies zwei Mal zu wiederholen. Begleitend dazu kann man beim dritten Mal oder wenn Sie schon geübter sind schon von Anfang an eine Forschungsfrage hinzunehmen. Wie zum Beispiel: welches Wesen hat dieser Baum?
Jedes sichtbare Objekt hat ein metaphysische Erscheinung, die wir mit den physischen Sinnen nicht wahrnehmen, aber mit der Zeit empfinden können. Um sich dem metaphysischen Wirken annähern zu können braucht es ein rhythmisches Üben, am besten immer etwa zur selben Uhrzeit.
Wichtig dabei ist es, bei den getätigten Beobachtungen zu bleiben und nicht in Gedanken abzuschweifen. Das ist schnell einmal geschehen. Die Einkaufsliste drängt sich ins Gedächtnis, das was zu Hause in der Familie ansteht oder unerledigt im Geschäft auf einen wartet. So kehrt man einfach wieder zurück zu der Betrachtung und den dazu passenden Gedanken und Beobachtungen.
Daraus ist es leicht nachvollziehbar, dass eine solche Übung eine indirekte Willensschulung ist. Mit dem Willen halten wir die unzugehörigen Gedanken fern. Aus der Betrachtung kann sich mit der Zeit eine Empfindung entwickeln. Das Denken benötigen wir um die Gedanken in Bezug auf das Betrachtungsobjekt zu denken. Diese drei Fähigkeiten, der Wille, das Fühlen und das Denken werden der Seele zugeordnet. Sie sind die drei Seelenkräfte. Deshalb passt auch der Name dieser Übung: die Seelenübung.
Wieso soll man das üben?
Nun fragen Sie sich bestimmt, wieso Sie sich einer solchen Mühe hingeben sollten. Diese Betrachtungsübung, die vom spirituellen Lehrer und Geistforscher Heinz Grill begründet worden ist, hat zahlreiche gesundheitliche, positive Wirkungen. Sie ist zweite Seelenübung von insgesamt zehn in seinem Buch «Übungen für die Seele» und er betitelt sie mit «Weisheitskräfte in der Natur und die Signatur der Pflanzen».
- Durch die Unterscheidung nur die passenden Gedanken zu tätigen und die Nichtdazugehörigen wegzulassen vollziehen wir einen ähnlichen Prozess wie bei einem Virus, der abträglich für uns ist. Wir scheiden das Unnütze aus und intergrieren das Nützliche. So gesehen stärken wir mit dieser Übung unser Immunsystem.
- Die Seelenübung wirkt insgesamt innerhalb von wenigen Minuten sehr beruhigend. Der Mensch ist selbst aktiv mit seinem Bewusstsein und wirkt durch die Gedanken von oben nach unten, vom zentralen auf das vegetative Nervensystem, was eine Ruhe und eine Ordnung herbeiführt. Gerade bei Schlafstörungen wirkt sie sehr heilsam, wenn man das betrachtete Bild abends vor dem Einschlafen noch einmal aufbaut.
- Zudem wirkt sie stärkend auf den Solarplexus, auf das Sonnengeflecht im Bauchraum. Auch als manipura-cakra oder drittes Zentrum benannt. Damit verbunden ist auch eine Stärkung des Stoffwechsels und der Auftrichtekraft im Menschen. Dies ist bedeutungsvoll in Bezug auf die heute vielfältigen Schweregefühlen oder Trägheiten und depressiven Verstimmungen, die dadurch zurückweichen.
- Durch die bewusste Aufmerksamkeit und die Schulung zur objektiven Wahrnehmung wird der Mensch beziehungsfähiger und beziehungsfreudiger.
Durch die seelische Aktivität und Regsamkeit wird der Mensch wieder zuversichtlicher, offener nach Aussen, leichter, im wahrsten Sinne „unbeschwerter“ und kann wieder besser zu neuen Perspektiven finden. Ganz allgemein werden die Lebenskräfte des Menschen gestärkt und er kann auch mehr Licht in der Umgebung bewirken. Die Wirkung der Übung bleibt also nicht nur auf sich selbst bezogen, sondern wirkt auch aufbauend auf das Objekt der Betrachtung und auf die Atmosphäre im Umfeld.
„Der Mensch selbst kann wie die Sonne auf die Natur wirken“. Heinz Grill.
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